Neue Serie Naturheilkunde Im ersten Teil unserer Serie „Gesund bleiben durch Vorbeugen“geht es um Gefahren, die Infektionskrankheiten mit sich bringen, und wie wir uns vor ihnen schützen können
Neue Serie: Im ersten Teil unserer Serie „Gesund bleiben durch Vorbeugen“geht es um Gefahren, die Infektionskrankheiten mit sich bringen, und wie wir uns vor ihnen schützen können
„Krankheiten befallen uns nicht aus heiterem Himmel, sondern entwickeln sich aus täglichen Sünden wider die Natur. Wenn sich diese gehäuft haben, brechen sie unversehens hervor.“
Hippokrates
m eine Urgroßmutter hatte Angst vor Infektionskrankheiten, die im 19. Jahrhundert noch die häufigste Todesursache waren. Einige ihrer Geschwister haben die Kindheit nicht überlebt, weil sie an Diphterie, Keuchhusten oder Kinderlähmung gestorben sind. Auch eine harmlose Verletzung konnte unter Umständen zum Tode führen, wenn man sich dabei eine Sepsis holte oder sich mit dem Tetanuserreger infizierte.
INFEKTIONSKRANKHEITEN FRÜHER UND HEUTE
Seither hat die Angst vor Infektionen abgenommen. Eine verbesserte Hygiene, Impfungen und die Entwicklung wirksamer Antibiotika haben uns ein Gefühl von Sicherheit vermittelt. Den Umgang mit Infektionskrankheiten regelt heutzutage in Deutschland das Infektionsschutzgesetz. Für seine praktische Umsetzung sind das Robert-koch-institut und die Gesundheitsämter zuständig. Häufige Todesursachen sind mittlerweile nicht mehr Infektionskrankheiten, sondern Herz-kreislauf-erkrankungen, Krebs und Demenzleiden. Die allgemeine Lebenserwartung steigt trotz der Zunahme an chronischen Krankheiten in der Bevölkerung. Bislang haben wir uns in einem der besten Gesundheitssysteme der Welt sicher gefühlt. Covid-19 hat uns jedoch gezeigt, dass es diese Sicherheit im Leben nicht wirklich gibt. Wir müssen erkennen, dass jeder Einzelne von uns Verantwortung übernehmen muss.
DIE WELT VERÄNDERT SICH – UND DIE VIREN MIT
Durch den Klimawandel und die zunehmende Erderwärmung ändern sich nicht nur die Lebensbedingungen für Pflanzen, Menschen und Tiere, sondern auch für Mikroorganismen. Alles Leben muss sich an veränderte Bedingungen anpassen, sonst ist es nicht le
bensfähig. Dabei entstehen durch Genveränderungen auch bisher unbekannte Mikroorganismen und neue Krankheitserreger, ähnlich wie bei Covid-19. Über Handelsbeziehungen und Reisen in alle Winkel der Welt wandern Kleinstlebewesen, Pflanzen und Tiere im Gepäck mit, fühlen sich dann auch woanders wohl und vermehren sich.
WIE GEHEN WIR DAMIT UM?
Es ist ganz verständlich, dass viele Menschen heute, wie unsere Urgroßeltern damals, wieder Angst vor Infektionen haben. Der Unterschied ist, dass unsere Urgroßeltern den täglichen Umgang mit dieser Angst gewohnt waren. Hüten wir uns davor, alles unter dem Blickwinkel der Gefährlichkeit zu betrachten, sonst geht der Blick für die schönen Dinge im Leben verloren und wir werden handlungsunfähig. Versuchen wir aktiv, so etwas wie realistische Zuversicht zu entfalten.
Es tut der Seele gut, wenn man nicht jede negative Schlagzeile in der Presse verfolgt und mit einem vertrauten Menschen über seine Sorgen sprechen kann. Achten wir darauf, womit wir unseren Geist nähren. Nehmen wir uns zwischendurch bewusst Zeit für die schönen Dinge im Leben. Lebensglück kann in einer Freundschaft zu finden sein, bei einem Haustier oder einem Hobby. Sogar ein schöner Spaziergang kann glücklich machen. Die Naturheilkunde kann ein wertvoller Begleiter in Krisenzeiten sein. Angst und Stress schwächen unsere Abwehrkräfte gegen Infektionen. Gefühle der
Angst lösen im Körper hormonelle Stressreaktionen aus. Dies hemmt die Immunantwort des Körpers auf eingedrungene Erreger und wir erkranken leichter an Infektionen, die oft etwas verzögert auftreten. Wir kennen das alle aus Stresszeiten. Solange eine Belastung anhält, schaffen wir unser Arbeitspensum. Kommt dann das Wochenende, werden wir krank. Dauerhaft Angst und Stress zu erleben, schafft also ideale Voraussetzungen für Krankheitserreger.
FREUND ODER FEIND?
Es ist eine Wunschvorstellung, alle feindlichen Erreger abtöten zu können, bevor sie auf unseren Organismus treffen. Doch wie unterscheiden wir die Guten von den Bösen? Der menschliche Organismus wird im Verhältnis zu seinen eigenen Körperzellen von einer zehnmal so großen Anzahl an Mikroorganismen bewohnt. Die Gesamtheit dieser Mikroben bezeichnen wir als Mikrobiom. Diese winzigen Organismen leben im Darm, auf der Haut und in der Lunge. Im Großen und Ganzen sind sie im Einklang mit uns und wichtig für ein funktionierendes Immunsystem. Nehmen wir zu viele Antibiotika ein, wird dieses Gleichgewicht empfindlich gestört. Bakterien lernen, trotz der Medikamente zu überleben und bilden immer häufiger Resistenzen. Daher sollten sie unbedingt den Notfällen vorbehalten bleiben. Für Medikamente gegen Viren, sogenannte Virustatika, gilt das Gleiche. Unser Immunsystem braucht fremde Erreger, um abwehrkräftig zu werden. Durch den Kontakt lernt es und bildet so unsere spezifische Abwehr aus, sich gezielt gegen spezielle Krankheitserreger zur Wehr zu setzen. Das funktioniert so gut, dass wir manche Erkrankungen, wie die Windpocken, nur einmal bekommen können. INFO Es ist wichtig, dass Kinder draußen spielen und sich schmutzig machen dürfen. Dadurch trainieren sie ihr Immunsystem – auch im Kontakt mit anderen Kindern. Daher sind kleine Kinder auch viel häufiger erkältet als Erwachsene. Wir brauchen uns deshalb nicht gleich Sorgen zu machen.
VORBEUGEN DURCH GEEIGNETE HYGIENISCHE MASSNAHMEN
Wir können nicht darauf hoffen, künftig keinen neuen Infektionsrisiken mehr ausgesetzt zu sein, auch wenn wir jetzt Impfstoffe gegen Covid-19 haben. Aber mit grundlegenden Hygienemaßnahmen lässt sich jedes Infektionsrisiko reduzieren. Das gilt ebenfalls für zu Hause, denn auch dort lauern Infektionsrisiken, beispielsweise durch Salmonellen beim Auftauen von Geflügel. Hygienisches Arbeiten und Achtsamkeit im Umgang mit anderen sind eine wichtige vorbeugende Maßnahme.
DIE KRAFT UNSERER BARRIEREN STÄRKEN
Alle Oberflächen unseres Körpers, die Kontakt zur Außenwelt haben, schüt
zen vor dem Eindringen von Krankheitserregern. Dazu zählen unsere Haut, alle Schleimhäute sowie der Magen-darm-bereich und die Lunge. Achten wir darauf, dass dort keine Entzündungen oder Verletzungen entstehen, durch die Krankheitserreger eindringen könnten. Die richtige Körperpflege und ausreichend Flüssigkeit sind deshalb kein Luxus, sondern eine schützende Maßnahme, um die Haut mit ihrem Stoffwechsel intakt zu halten. Das gilt auch für unsere Atemwege, die viel frische sauerstoffreiche Luft benötigen. Auf der Darmoberfläche finden wir außerdem etwa 70 Prozent aller immunaktiven Zellen des Körpers. Viele gute Bakterien sind im Einklang mit unserem Abwehrsystem am Werk, um die Schleimhaut dicht zu halten und schädliche Erreger zu eliminieren. Wir brauchen eigentlich nur für gute Bedingungen zu sorgen, indem wir die richtigen Nahrungsmittel zu uns nehmen und diese Bakterien damit füttern. Dazu zählen alle Gemüsesorten und resistente Stärke, also eine Stärke, die wir nicht mehr verstoffwechseln können. Sie kommt besonders in Topinambur, in Schwarzwurzeln, aber auch in erkalteten Kartoffeln, Nudeln, Reis und Haferkleie vor.
IMMUNSYSTEM UND ERNÄHRUNGSZUSTAND
Wie gut oder schlecht unser Immunsystem arbeitet, hängt von unseren Genen, aber auch von unserem Ernährungszustand ab. Damit ein so komplexes System optimal arbeiten kann, benötigt es Mikronährstoffe in ausreichendem Maße. Besonders wichtig sind die Vitamine A, B6 und B12, Vitamin C und D sowie Eisen, Zink, Selen und Folsäure. Wann wir ausreichend versorgt sind, bestimmt unser Bedarf, der von verschiedenen Faktoren abhängt. Es macht einen Unterschied, ob jemand sehr viel Sport treibt, sich vollwertig oder mit Fertiggerichten ernährt. Unser Alter, Vorerkrankungen, eine Schwangerschaft oder eine vegane Lebensweise verändern den jeweiligen Bedarf.
Inhalieren stärkt die Atemwege
Sind die Schleimhäute der Atemwege angegriffen, helfen Inhalationen, beispielsweise mit Thymian und Kamille.
Aufguss mit Thymian und Kamille
In einer Kanne bereiten Sie einen kräftigen Aufguss mit jeweils 1 EL dieser Kräuter zu und lassen ihn etwa 10 Minuten ziehen. Beide Pflanzen wirken antibiotisch, antiviral und pilzfeindlich. Die Kamille wirkt wundheilend, der Thymian krampf- und schleimlösend. Diesen Aufguss geben Sie in eine passende Schüssel und atmen die Dämpfe etwa 15 Minuten ein. Währenddessen schaffen Sie mit dem Handtuch über dem Kopf eine Kammer, sodass kein Dampf entweichen kann. Anschließend empfiehlt es sich, etwa 30 Minuten zu ruhen.
Vor der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln kann eine Laboruntersuchung Aufschluss über Mängel geben. Beratung durch fachkundige Ärzte, Heilpraktiker und Apotheker ist wichtig, um Überdosierungen oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu vermeiden.
PFLANZENKRAFT GEZIELT EINSETZEN
Besonders im Frühjahr ist es sinnvoll, viele frische Pflanzen und Wildkräuter in den Speiseplan aufzunehmen. Jetzt ist der Tisch in der Natur reich für uns gedeckt. Der Vorteil von Wildpflanzen liegt in ihrem hohen Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen, wie etwa den Polyphenolen, zusammen mit einer Vielzahl von Vitaminen und Mineralien. Diese Stoffe, die für uns so gesund sind, bilden Pflanzen, um sich vor Kälte, Sonneneinstrahlung und Fressfeinden zu schützen.
In Obst und Gemüse aus konventionellem Anbau finden wir nur einen Bruchteil dieser wertvollen Stoffe. Versuchen Sie doch, Ihren Speiseplan im zeitigen Frühjahr mit ein paar Blättern junger Brennnesseltriebe, Löwenzahn, Schaumkräuter, Bärlauch und Spitzwegerich zu bereichern. Um Verwechslungen mit giftigen Pflanzen auszuschließen, gehen Sie am besten bei Kräuterführungen mit und beginnen mit ein paar wenigen Pflanzen, die Sie sicher erkennen können. Ein Wildpflanzenführer leistet zusätzlich gute Dienste und vermittelt wichtige Grundlagen zum Sammeln (siehe auch Naturapotheke 3/2019, Seite 13–21).
SCHON BEI ERSTEN SYMPTOMEN AKTIV WERDEN
Kommen antibiotisch und antiviral wirksame Pflanzen rechtzeitig zum Einsatz, können wir oft Krankheiten und Resistenzen verhindern. Viele Heilpflanzen lassen sich gezielt vorbeugend essen und bei akuten Infekten gegen Viren und Bakterien nutzen. Der frische Knoblauch verjüngt mit seinen Schwefelstoffen nicht nur unsere Blutgefäße, sondern wirkt stark antibakteriell und antiviral. Allerdings nur, wenn er frisch gegessen wird, zum Beispiel auf einer Scheibe Brot.
Das Gleiche gilt für den Bärlauch, der ebenfalls immunstärkend wirkt. Auch die scharfen Senfölglycoside des Meerrettichs dämmen, frisch gerieben, die
Vermehrung von Grippe- und Erkältungsviren ein und lindern Harnwegsinfekte. Die Schärfe lässt sich dabei gut mit ein bisschen Sahne regulieren. Mit ähnlichen Wirkstoffen kann die schmackhafte, etwas mildere Kapuzinerkresse aufwarten. Sie gedeiht einfach im Balkonkasten oder im Garten. Die Kamille gehört zu den bekanntesten antiviral und antibiotisch wirksamen Pflanzen, die wir als Tee am besten immer vorrätig haben sollten. Schon bei den ersten Anzeichen einer Infektion können wir damit den Keimen schnell zu Leibe rücken. Als pflanzliches Antibiotikum gilt auch der Thymian. Er ist nicht nur ein beliebtes Küchenkraut, sondern wirkt gleichzeitig gegen viele Krankheitserreger. Alle Thymianarten sind vielseitig einsetzbar, am besten haben Sie stets einen kleinen Vorrat davon in der Küche oder kultivieren ihn frisch im Blumentopf. Am heilkräftigsten ist aber der Thymus vulgaris und der Quendel, den schon Hildegard von Bingen gelobt hat. Neben den Pflanzen steht uns zudem die ganze Bandbreite der klassischen Naturheilkunde zur Verfügung. Viele Menschen haben gute Erfahrungen mit Schüßler-salzen oder mit der
Homöopathie gemacht. Hier gilt es, die Schwere der Erkrankung abzuwägen und rechtzeitig einen Arzt aufzusuchen, wenn es die Symptome erfordern. Die Chance, dass eine Erkrankung weniger schwer verläuft und nicht so lange andauert, liegt häufig in der frühzeitig begonnenen Behandlung. Wir sind also gut beraten, die Erfahrungsheilkunde unserer Großeltern und Urgroßeltern mit den modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu kombinieren, wenn wir den stetig wechselnden Anforderungen an unsere Gesundheit gerecht werden wollen. Im nächsten Teil der Serie „Gesund bleiben durch Vorsorge“geht es um die vielfältigen Ursachen von Rückenschmerzen. In Deutschland ist jeder dritte Erwachsene davon betroffen. Durch eine ganzheitliche Herangehensweise lassen sich viele Beschwerden lindern oder vermeiden. Wir verraten Ihnen, was Sie selbst dabei tun können.