Diese Frau baut ganz Paris um
VERKEHRSWENDE Krasse SUVGebühren und neue Radwege: Die Metropole als Vorbild?
PARIS – Bei ihrem Anblick bekommen Fahrradfahrer leuchtende Augen – und SUV-Fans schlechte Laune: Anne Hidalgo ist für die einen Vor- und die anderen Feindbild. Die 63-Jährige ist Bürgermeisterin von Paris, der Stadt, die SUV-Fahrer bald mit galaktischen Parkgebühren vergraulen wird. Das war Hidalgos Idee. Ihre Mission: die französische Metropole von der Plage der Blechlawinen zu befreien.
Rund 1,3 Millionen Menschen in der Hauptstadt waren zu der Abstimmung unter dem Motto „Mehr oder weniger SUV in Paris?“aufgerufen. Die meisten hatten am Sonntag aber offenbar anderes vor – es gingen nämlich nur knapp sechs Prozent los, um abzustimmen. Was trotzdem noch Zehntausende Menschen waren, wie die Stadtverwaltung betonte. Von denen stimmten rund 54,5 Prozent für die Erhöhung der Parkgebühren, rund 45,5 Prozent dagegen. Das heißt, ab 1. September werden für sechs Stunden Parken im Zentrum 225 Euro statt bislang 75 Euro fällig. Das ist auch für das sowieso teure Paris enorm happig.
Für Anne Hidalgo, seit zehn Jahren Bürgermeisterin der Stadt, ist das Ergebnis ein Triumph: „Die Pariser sind die Avantgarde einer Bewegung, viele Städte werden sicher nachziehen“, sagte sie nach dem Entscheid. „Sie wollen diesen schweren Autos in den Straßen den Platz nehmen, aus Umweltgründen und wegen der Sicherheit.“(Mehr dazu auf den Seiten 6/7)
Anne Hidalgo ist seit 2014 Bürgermeisterin von Paris, sie wurde 2020 für eine zweite Amtszeit bis 2026 wiedergewählt. Die Sozialistin ist mittlerweile international dafür berühmt und berüchtigt, eine Anti-Kfz-Poli
tik zu verfolgen. Die galaktischen Parkgebühren treffen allerdings nur Besucher – wer in der Stadt lebt, muss nicht zahlen. Wobei: Sieben von zehn Parisern, die innerhalb der 20 Arrondissements in der City leben, haben sowieso kein Auto mehr, sondern fahren Rad, Bus und Bahn. Und das ist gut so – denn Paris wird immer heißer: Die Stadt, dicht bebaut und mit wenig Grün, leidet besonders unter dem Klimawandel. Das internationale Klimaabkommen sei nach ihrer Stadt benannt, betont Hidalgo oft, da müsse man doch was tun: „Wir haben zehn Jahre Zeit, um zu handeln – das heißt machen und nicht diskutieren, was man unternehmen könnte.“
Und sie handelt: Gegen erheblichen Widerstand ließ Hidalgo diverse Uferstraßen an der Seine für Autos sperren und machte sie für Fußgänger zugänglich. Obendrein herrscht inzwischen ein großer Radius um Schulen, in dem niemand motorisiert fahren darf. Hidalgo will auch 60.000 Parkplätze abschaffen, also mehr als die Hälfte, sie sollen Platz machen für Grünflächen und Wege. Und: Im Pariser Stadtgebiet wurde fast überall Tempo 30 eingeführt, außerdem sollen bis Ende 2026 170.000 Bäume gepflanzt werden, damit es auch sichtbar grüner wird. Anne Hidalgo sagt: „Die Botschaft ist, dass wir alle die Abhängigkeit vom Auto hinter uns lassen und eine neue Freiheit gewinnen können.“