Kopfnicktheater
Vincent Lang spielte ab Tag 1 von „Harry Potter und das verwunschene Kind“die Hauptrolle des Albus Potter. Ende Juli fiel dort für ihn der letzte Vorhang – ab Sonntag ist er im Ohnsorg in der Uraufführung der leicht überdrehten Umwelt-Komödie „Der letzte Pinguin“zu sehen. Die MOPO hat mit dem in München geborenen Schauspieler gesprochen.
MOPO: Ist es Ihnen schwergefallen, den „Harry Potter“-Cast zu verlassen? Vincent Lang: Ich habe bis 2019 in Frankfurt Schauspiel studiert und direkt nach Abschluss des Studiums die Rolle bekommen. Für vier Jahre an einem Theater zu sein ist toll, auch im Hinblick auf die sichere Arbeitsstelle. Aber ich hatte mir nie vorgenommen, so lange die gleiche Rolle zu spielen.
Fällt man danach dennoch erst mal in ein Loch?
Klar, gibt einem das schubweise einen Stich ins Herz, man vermisst einfach die Zeit. Aber ich habe auch registriert, wie schnell man vergessen wird im Theater. Die Leute sehen dich nur, während du den Job machst. Wenn du Maurer, dann baust du ’ne Mauer und die steht. Die ist dann da, und deine Arbeit ist getan. Aber als Theaterschauspieler ist das echt so: Du sagst das letzte Wort, der Vorhang geht zu – und die Leute konsumieren schon anderes Zeug. Gerade heutzutage: Du machst das Handy an und siehst 1000 andere Sachen. Das ist natürlich etwas total Eitles. Und gleichzeitig ist das auch die ganz große Stärke von Theater: dass es so im Moment passiert und zelebriert wird. Deshalb könnte ich auch nie damit aufhören.
Wenn man 500 Mal in einem Theater mit 1700 Sitzplätzen eine anspruchsvolle Rolle wie Potter gespielt hat, denkt man dann: Nun kann mir eh nichts mehr passieren?
Ja, es hat mir tatsächlich viel Selbstbewusstsein gegeben. Aber das knickt auch ganz schnell wieder ein, sobald der Regisseur nur einmal sagt: „Das war jetzt gerade nicht so gut.“
Sie stammen aus München. Wie ist es um Ihr Plattdeutsch bestellt?
Ich spiele mit Linda Stockfleth ein Influencer-Pärchen. Wir sind die Einzigen, die nicht Plattdeutsch reden, sondern eher so: „Hey, ich check nicht, was die sagen. Was reden die denn da?“Wir benutzen lauter Anglizismen und werden selbst nicht verstanden. Mein Vorsprechen war allerdings auf Plattdeutsch – eine Übersetzung von „Romeo und Julia“, die man mir nebst Tonaufnahme geschickt hatte. Ich habe einen Monat lang geübt und das ganz souverän hingekriegt, würde ich sagen. Mir gefällt auch der Klang der Sprache.
Hat Sie die das Umwelt-Thema von „Der letzte Pinguin“gereizt?
Davon habe ich erst nach dem Vorsprechen erfahren. Ich finde es klasse, dass das Thema auch ein bisschen weh tut – anstatt immer nur Kopfnicktheater. Das Thema Klima steht zwar im Mittelpunkt, aber drumherum gibt es jede Menge Komik und Chaos. Die extrem unterschiedlichen Charaktere, die sich im Stück auf einem Polarkreuzfahrtschiff zum Südpol aufmachen, um Pinguine zu sehen, spiegeln die reale Gesellschaft mit ihren verschiedenen Meinungen. Und jeder handelt aus egoistischen Motiven.
Blicken Sie mit 29 sorgenvoll in die Zukunft?
Man kann an den schlimmen Nachrichten verzweifeln, egal wie alt man ist. Aber dann ist es wichtig zu sagen: Okay, ich mach’s anders. Ich bin heute erst recht nett und beschieße das eigene Umfeld
mit Liebe. In Bezug auf die Umwelt bedeutet das: Es geht uns alle an. Wir zerstören uns selbst. Und es liegt in der Verantwortung jedes einzelnen von uns, etwas dagegen zu tun.
Wie stehen Sie zu Klimaklebern? Ich bin eher auf der Seite von Fridays For Future. Aber meine Position dazu ist, dass man sich immer selbst hinterfragen sollte, anstatt den Finger auf andere zu richten. Jeder ist zu 100 Prozent von seiner Meinung überzeugt und glaubt, auf der guten Seite zu sein. Aber so richtig gut ist keiner. Kunstwerke zu beschmieren, finde ich aber auch wieder schwierig.
Für mich ist das dann ein Angriff auf die Kunst, dabei gehört die doch zu den wenig schönen Dingen, die der Mensch macht.
Ihr Vater ist Bildender Künstler, Ihre Mutter Restauratorin. Wie ist das, in so einem Umfeld aufzuwachsen? In der Werkstatt meiner Eltern gab es für mich immer das große Staunen, auch wenn ich viel zu oft den Satz hörte: „Nichts anfassen!“Meine Eltern waren es auch, die mich mit ins Theater genommen haben. Damit war der Weg für mich vorprogrammiert.
Ohnsorg-Theater: ab 14.1., div. Tage und Uhrzeiten, 32-40 Euro