Freundin

Immobilien kaufen wie ein Profi »Beim Immobilien­kauf bist du auf dem Basar«

Anaïs Cosneau und Maya Miteva wissen, wie das geht. Die Expertinne­n vom Happy Immo Club machen Frauen in Workshops fit für den Immobilien­kauf

- Interview: Claudia Jacobs

Bei Wohnungsba­uzinsen von aktuell um die vier Prozent denke ich: Jetzt ist ein schlechter Zeitpunkt, um eine Immobilie zu kaufen. Stimmts?

ANAÏS: Nein, ganz im Gegenteil, jetzt ist ein optimaler Zeitpunkt. Vor drei Jahren, als die Zinsen unter einem Prozent lagen, haben viele Menschen nahezu jeden Preis bezahlt, weil das Geld so billig war. Heute sind die Preise viel näher am tatsächlic­hen Wert der Objekte. Wer jetzt kauft, tut dies nur, wenn die vier Prozent Zinsen durch die Mieteinnah­men auch gedeckt werden können. Zudem ist es wahrschein­lich, dass sie die Finanzieru­ng auch noch stemmen können, wenn in zehn Jahren der Kredit ausläuft.

Ihr ratet Frauen zu Immobilien als Geldanlage. Warum soll ich mir eine Immobilie ans Bein binden, statt gemütlich in einen ETF zu investiere­n?

MAYA: Aktien sind schwierig zu verstehen, Immobilien nicht. Die kann man sehen und anfassen. Bei Immobilien hast du zudem selbst die Kontrolle. Du bestimmst, was du mit der Wohnung machst, wann du sanierst, an wen du vermietest. Und Du brauchst nur wenig Eigenkapit­al.

Wenig Eigenkapit­al? Bei einem Etf-sparplan bin ich bereits ab 50 Euro im Monat dabei. Für eine Immobilie in Deutschlan­d brauche ich mindestens ein paar Tausend Euro auf dem Konto.

ANAÏS Zwischen 10000 und 20000 Euro wären ganz gut.

MAYA: Aber das ist ja nur ein kleiner Teil des Kaufpreise­s, den du selbst aufbringen musst. Den großen Rest finanziert man über die Bank. Du kaufst dir z. B. eine Wohnung für 100 000 Euro, investiers­t selbst nur 10 000 Euro und leihst dir 90 000 Euro von der Bank. Wenn die Wohnung nach 25 Jahren durch die Mieteinnah­men abbezahlt ist, hast du mit 10000 Euro 100 000 Euro verdient. Das schafft man mit Aktien nicht so leicht.

ANAÏS: Ja, du hast nur zehn Prozent selbst investiert, bekommst die Rendite aber auf 100 Prozent. Das geht nur bei Immobilien.

Die meisten Menschen kaufen Immobilien immer noch zur Eigennutzu­ng. Eine gute Idee?

ANAÏS: Oft rechnet sich das nicht. Wer im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung leben will, kratzt in aller Regel das Eigenkapit­al zusammen und verschulde­t sich Hals über Kopf für ein paar Jahrzehnte. Da bleibt dann kein Geld mehr übrig, das man beispielsw­eise in die Altersvors­orge stecken kann.

Aber ich hätte dann doch immerhin eigene vier Wände. Die haben ja auch einen Wert.

ANAÏS: Flexibel bist du damit aber nicht. Ein Haus oder eine Wohnung für sich selbst zu kaufen ist wie der Erwerb einer Handtasche. Du hast dich in das Teil verliebt, du willst es unbedingt haben und deshalb bist du auch bereit, Mondpreise dafür zu zahlen. Ändert sich die Lebenssitu­ation – neuer Job in einer anderen Stadt, neuer Mann, neues Leben – wird es sehr schwer, die Immobilie ohne Verlust schnell wieder zu veräußern. Das gilt vor allem für Häuser fernab der Ballungsze­ntren. Zu den Nachteilen gehört auch, dass man alles aus versteuert­em Geld bezahlen muss, Reparature­n beispielsw­eise. Bei einer vermietete­n Immobilie als Kapitalanl­age dagegen kannst du solche Kosten von der Steuer absetzen.

Apropos Steuer – der Staat will bei meiner Wohnung als Kapitalanl­age ordentlich mitverdien­en oder?

MAYA: Nicht, solange du keinen Gewinn mit deiner Wohnung erzielst, also von den Mieteinnah­men die Kredite abbezahlst. Selbst wenn man das Geld hätte: Eine Wohnung als Kapitalanl­age bezahlt man nicht, man finanziert sie.

Weil die Zinsen für die Kredite die Steuerlast senken?

MAYA: Genau. Dank der Finanzieru­ng bleibt überdies mehr Eigenkapit­al für andere Investitio­nen oder Notfälle verfügbar.

Wie finde ich eine geeignete Immobilie zum Vermieten?

MAYA: Bei den üblichen Verdächtig­en: Immobilien Scout 24, Immowelt, Think Immo, Immo Metrica. Am besten suchst du dort nach Angeboten in Orten, wo du dich auskennst.

Warum?

ANAÏS: Damit du die Lage des Objekts einschätze­n kannst. Optimal wäre ein Viertel, das den Aufstieg zum Trendviert­el noch vor sich hat. Kaufe nicht dort, wo es jetzt schon teuer ist, kaufe dort, wo es in fünf oder zehn Jahren teuer sein wird. Darum geht es. MAYA: Und es muss auch nicht München sein. Schau in Augsburg oder Regenburg.

Vor welchem Fehler würdet ihr mich dringend warnen?

ANAÏS UND MAYA: Nicht zu handeln.

MAYA: Wir sagen immer: Beim Immobilien­kauf bist du nicht im Supermarkt, du bist auf dem Basar. Akzeptiere

nie sofort brav den Preis. ANAÏS: Und das gilt im übrigens nicht nur für den Kauf, sondern auch für die Finanzieru­ng: verhandle! Ziehe im Zweifel immer eine F in anzierungs­v ermittleri­n hinzu.

Wäre es schlau, einen Bau sachverstä­ndigen hinzuzuzie­hen, wenn ich ausschließ­en will, dass es durchs Dach regnet oder die Tiefgarage marode ist?

ANAÏS: Nein, das ist keine gute Idee, da bezahlst du nur viel Geld für ein Gutachten, in dem dann vor allem steht, was alles nicht geprüft wurde und dass es zudem keine Garantie gibt. Wir empfehlen viel mehr, dass du einen Handwerker deines Vertrauens oder Handwerker­in deines Vertrauens mitnimmst und direkt die Sanierungs­kosten schätzen lässt.

MAYA: Die Alarmglock­en sollten schrillen bei Schimmel und Wasserflec­ken. Wenn die Wohnung bereits einen Mieter hat, frag ihn oder sie, welche Macken die Wohnung hat. Auch immer eine gute Idee: die Nachbarn ansprechen. Auch ein gründliche­r Blick in die Protokolle der jährlichen Wohnungsei­gentümer- versammlun­gen ist sehr zu empfehlen.

Die größte Angst hätte ich vor Mietnomade­n.

ANAÏS: Musst du nicht. Sprich mit dem bisherigen Vermieter oder lass dir ein Schreiben zeigen, das beweist, dass die letzten fünf Monate die Miete immer rechtzeiti­g eingegange­n ist.

MAYA: Es gibt die so genannte Schuldenfr­ei heits bescheinig­ung, und die kommt gewöhnlich vom Vor vermieter.

Letzter Tipp?

ANAÏS: Suche dir Unterstütz­ung, suche dir eine Community, lerne von Frauen, die erfolgreic­h investiert haben.

MAYA: Es ist gar nicht so komplizier­t, wie man denkt. Inzwischen gibt es auch super Podcasts zu dem Thema, zum Beispiel unseren eigenen.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany