Verena Pausder, Unternehmerin
Wie könnte Deutschland fitter für die Zukunft werden? Zum Abschluss der FOCUS-Serie skizziert die Vorstandsvorsitzende des StartupVerbandes, wie man nicht nur dem Fachkräftemangel begegnen könnte
1) Start-ups als Treiber für Innovation und Wachstum
Damit Deutschland fit für die Zukunft wird, müssen wir unsere Innovationskraft wiederbeleben und neue Wachstumsperspektiven schaffen. Start-ups spielen dabei eine entscheidende Rolle. Als Unternehmen der Zukunft bringen sie Innovation und Wachstum in unsere Wirtschaft.
2) Deutschland zum Magneten für internationale Top-Talente machen
Unser Land steht vor der Herausforderung, sich als attraktiver Standort für internationale Top-Talente zu positionieren. Aktuell sind vor allem die Visa-Prozesse ein Flaschenhals. Wir brauchen dringend schnelle, einheitliche und vollständig digitale Visa-Verfahren. Top-Talente kommen zudem nur, wenn das gesamte Umfeld stimmt. Wir brauchen mehr Kitaplätze, bezahlbare Wohnungen, eine funktionierende Infrastruktur und ein positives Mindset. Aktuell geht von Deutschland noch nicht das Signal aus, dass wir hoch qualifizierte Fachkräfte hier wirklich haben wollen. Ein umfassendes Paket an Maßnahmen muss sicherstellen, dass sich Top-Talente nicht nur beruflich, sondern auch privat in Deutschland sicher und wohl fühlen.
3) Ausgründungen aus der Forschung stärken
Deutschland verfügt über erstklassige Forschungseinrichtungen und Hochschulen, die häufig auf Augenhöhe mit den USA agieren. Allerdings entstehen aus dieser Forschung noch zu selten erfolgreiche Unternehmen. Dieses Potenzial sollten wir nutzen: Denn Start-ups sind der effektivste Mechanismus, um wissenschaftliche Durchbrüche schnell in die unternehmerische Praxis zu überführen. Deutschland ist mit seiner starken industriellen Basis und dem breiten Mittelstand prädestiniert, mehr neue Unternehmen hervorzubringen, die auf komplexer Technologie basieren und nicht einfach kopierbar sind. Hochschulen sollten mindestens ein Prozent ihres Gesamtbudgets für Ausgründungen bereitstellen. Nicht als politische Auflage, sondern in Form einer freiwilligen Selbstverpflichtung.
Die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre muss dabei gewährleistet bleiben. Wissenschaftliche Durchbrüche müssen jedoch besser nutzbar gemacht werden. Davon profitieren wir am Ende alle.
4) Das Finanzierungsumfeld verbessern
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland in Sachen Wagniskapital deutlich hinter Top-Standorten zurück. Zwischen 2020 und 2023 wurde in den USA pro Kopf etwa sechsmal so viel Venture Capital investiert wie in Deutschland – im Bereich künstliche Intelligenz sogar zwölfmal so viel. Um diesen Rückstand aufzuholen, müssen wir das Geld privater institutioneller Investoren mobilisieren. Die von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gestartete „WIN”-Initiative zielt in diese Richtung. In Frankreich sind so in den vergangenen drei Jahren sechs Milliarden Euro für die Start-up-Finanzierung mobilisiert worden. Warum sollen wir nicht schaffen, was in Frankreich gelingt? Darüber hinaus müssen wir die Kapitalmarktunion in der EU vorantreiben. Nur mit ausreichenden Exit-Kanälen und einem dynamischen Kapitalmarkt wird es gelingen, dauerhaftein starker Start-up-Standort zu sein. Ein robuster Kapitalmarkt schafft Raum für Wachstum und Innovation. ■