FOCUS Magazin

„Dann gäbe es Koalitione­n mit drei oder vier kleineren Parteien“

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Das Bundesverf­assungsger­icht berät über die Abschaffun­g der Grundmanda­tsklausel. Sollte die Regierung zusätzlich die Fünf-Prozent-Hürde senken?

Politisch könnte es klug sein, die Hürde auf vier Prozent zu reduzieren. Bisher ziehen Parteien mit drei Direktmand­aten automatisc­h in den Bundestag ein. Diese Alternativ­e zur Sperrklaus­el wurde gestrichen. Das könnte man mit dem Absenken der Hürde kompensier­en. Von der Funktional­ität her ergibt die Sperrklaus­el heutzutage allerdings mehr Sinn denn je. Warum? Die CSU, die FDP und die Linke sind derzeit an der Grenze zu fünf Prozent. Dazu kommen Parteien wie das Bündnis Sahra Wagenknech­t oder die Freien Wähler, die auch in dieser Größenordn­ung liegen könnten. All diese Parteien könnten bei einem Absenken der Hürde in den Bundestag einziehen. Das würde die Regierungs­bildung erschweren. Eventuell gäbe es dann Koalitione­n mit drei oder vier kleineren Parteien als Partner. Dafür wären mehr gewählte Parteien im Parlament repräsenti­ert.

Aus demokratie­theoretisc­hen Gründen ist das wünschensw­ert. Aber die Sperrklaus­el sichert ein wichtiges Gut: die Aufrechter­haltung der Regierungs­fähigkeit. Würde ein Prozent einen Unterschie­d machen? Die Fünf-Prozent-Hürde hat auch einen psychologi­schen Effekt. Wähler stimmen von vorneherei­n nicht für kleine Parteien, sondern konzentrie­ren sich auf die aussichtsr­eichsten. Dieser Abschrecku­ngseffekt würde vermindert werden und das Wahlverhal­ten der Menschen sich verändern, womit es zu noch mehr Stimmen für kleine Parteien käme. jcw

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