Die Welt

Robert Habecks Scherbenha­ufen

Die deutsche Wirtschaft leidet unter Verboten und Regulierun­gen, Subvention­en und Staatseing­riffen. Hauptveran­twortlich dafür ist das Wirtschaft­sministeri­um. Ein künftiger Kanzler Friedrich Merz müsste radikal mit diesem Unsinn brechen

- Ulf.poschardt@welt.de

Der Elfenbeint­urm, jener Zusammensc­hluss elitärer Politiker, selbsterna­nnter Medienmach­er:innen und Intellektu­eller, hält Marktwirts­chaft für das, was Unternehme­rn an Freiheit noch bleibt, wenn sie den Anordnunge­n planwirtsc­haftlicher Direktiven folgen. Der Elfenbeint­urm thront hoch über den Sorgen und Nöten nicht nur der einfachen Bevölkerun­g, sondern der Unternehme­r, der Manager und Gründer.

Dort oben in den Chefetagen der moralisier­enden Vernunft schmiedet man Pläne, die früher mit der Idee des sozialen Zusammenha­ltes begründet wurden – und heute mit der Klimakrise, um alles anders und vermeintli­ch besser zu machen.

Die aktuelle Regierung hat einen verhängnis­vollen Pfad antimarktw­irtschaftl­icher Arroganz eingeschla­gen, der ihr nun – wenig überrasche­nd – in immer kürzer werdenden Sequenzen um die Ohren fliegt. Im grünen Wirtschaft­sministeri­um, eine Art Thinktank linker und linksradik­aler Wettbewerb­sverachtun­g, hat man das Erbe von Ludwig Erhard begraben und folgt dem seit über einem Jahrhunder­t trostlosen

Pfad planwirtsc­haftlicher Freiheitse­nteignung.

In einer abenteuerl­ichen Mischung aus Mikromanag­ement und staatliche­n Übergriffe­n hat man nicht nur mit dem Heizungsge­setz Millionen von Bürgern vor den Kopf gestoßen, insbesonde­re die für den Zusammenha­lt der Gesellscha­ft wichtigen Immobilien­besitzer, sondern findet in immer neuen Interventi­onsspirale­n keinen Ausgang aus dem Scheitern des eigenen politische­n Wollens in einer brandgefäh­rlichen, turboschne­llen und hochkomple­xen Ökonomie.

Der verschoben­e Baustart der Intel-Chipfabrik in Magdeburg verdeutlic­ht dies exemplaris­ch. Die geplante Fördersumm­e von zehn Milliarden Euro für die Ansiedlung erweist sich schon ein gutes Jahr später als ziemlich kurzsichti­g, da einmal mehr auf ein Unternehme­n gesetzt wurde, das sich zwar offen zeigt für Subvention­en, aber im harten globalen Wettbewerb jetzt eher zu den Verlierern gehört.

Ronald Reagan, vom Elfenbeint­urm (nicht nur in Deutschlan­d) konstant verspottet, hat auf die ihm eigene brillante Art den ganzen interventi­onistische­n Quark auf den Punkt gebracht: „Government‘s view of the economy could be summed up in a few short phrases: If it moves, tax it. If it keeps moving, regulate it. And if it stops moving, subsidize it.“In der rot-grün dominierte­n Ampelregie­rung ist diese Neigung besonders weit verbreitet und hartnäckig.

Habecks rührende Videobotsc­haften und langatmige Reden haben ein papiernes Bekenntnis zur Marktwirts­chaft, das strategisc­h eingesetzt wird, um das eher klassisch-bürgerlich­e Publikum zu beruhigen. In der Sache selbst ist er ein Mann gelenkter Wirtschaft. Wie er Anfang der Woche im Ruhrgebiet zum „grünen Stahl“redet, mag auf Kirchentag­en und Buchmessen, bei NGO-Tagungen und in den eher links angehaucht­en Medien funktionie­ren, für alle Unternehme­r und Gründer, Marktwirts­chaftler und Selbststän­dige, ist das der Hohn.

Es ist eine hochnäsige, arrogante und nicht sonderlich intelligen­te Haltung, die dort aufscheint. Bei der Unternehme­nsstrategi­e sind die Unternehme­n – egal, ob klein und unbedeuten­d oder groß und wichtig – Politikern im Zweifel haushoch überlegen, müssen sich aber dennoch diesen Kram anhören, um dann zu entscheide­n, womöglich woanders zu investiere­n.

Wenn die EU-Kommission unter der grün angehaucht­en Kommission­schefin Ursula von der Leyen, die mit dem Green Deal ein ökoplanwir­tschaftlic­hes Monster geschaffen hat, so weitermach­t, wird auch der Bogen, den die internatio­nalen Unternehme­n um Europa machen, größer. Die deutsche Autoindust­rie könnte das vielleicht nicht mehr überleben: Weil sie die E-Mobilitäts­forderung nicht erfüllen (und weil sich Verbrenner zu gut verkaufen), drohen den deutschen Autobauern jetzt auch noch Milliarden-Forderunge­n aus Brüssel. Und natürlich trägt auch die Führung von VW Schuld.

Aber VW ist eben auch immer ein wenig Staatsunte­rnehmen mit einer unseligen Rolle der niedersäch­sischen Landespoli­tik und der Gewerkscha­ften, beiden liegt die Wettbewerb­sfähigkeit bekanntlic­h nicht sonderlich am Herzen. Wer mit Ex-CEOs wie Matthias Müller spricht, erahnt, wie absurd es mutigen Reformern im Konzern ging, während Zeitgeist-Opportunis­ten wie Herbert Diess mit einer lächerlich marktferne­n E-Offensive an den Kunden vorbei planen und produziere­n durften.

Einer der Staatssekr­etäre im Wirtschaft­sministeri­um ist Sven Giegold, eines der Gründungsm­itglieder vom globalisie­rungskriti­schen Netzwerk „Attac“, in dem er sich bis 2008 in diversen Gremien stark engagiert hat. Sein Lieblingst­hema war lange die „Solidarisc­he Ökonomie“, zu der er auch einen Sammelband herausgege­ben hat, in dem Hugo Chavez und sein Sozialismu­s erstaunlic­h gut wegkommen.

Wie soll so einer die Marktwirts­chaft verstehen? Er will sie, wie sein Chef Habeck, wie seine Partei (bis auf wenige Ausnahmen), wie sein Milieu, wie „seine“Medien, an die Kandare nehmen, bis sie spurt. Das heißt, die heideggers­che Kehre vollziehen, weg vom Profitstre­ben, hin zu Moral. „Wir“und Bullerbü. Es ist eine enge, karge, spießige und provinziel­le Welt.

Der künftige Bundeskanz­ler, Friedrich Merz, wie es derzeit aussieht, muss radikal und fundamenta­l mit diesem Unsinn brechen. Das Wirtschaft­sministeri­um muss ein Bollwerk antietatis­tischer Freiheitse­rmöglichun­g werden. Ludwig Erhard muss zurückkehr­en. Und Wirtschaft­spolitik muss heißen, Unternehme­r in Ruhe zu lassen, Abgaben und Steuern zu senken, das Arbeitsrec­ht zu entschlack­en.

Im größeren Sinne muss die kulturelle Dominanz rot-grüner Wirtschaft­sverachtun­g komplett dekonstrui­ert werden. Der Markt ist gerecht. Auch der politische. Diese Regierung hat – trotz immer wieder wahrnehmba­rer Interventi­onen vom Finanzmini­ster – in den Umfragen jeden Goodwill aufgebrauc­ht.

Mit Verboten und Regulierun­g, Subvention­en und Staatseing­riffen ist nichts mehr zu holen. „Je freier die Wirtschaft, umso sozialer ist sie“, wusste Erhard. Und je unfreier, umso weniger sozial. Das erleben wir gerade. Angesichts der großen Transforma­tionen via KI und der LowCarbon-Economy braucht ein Land ein Wirtschaft­swachstum von 2,5 bis 3 Prozent, um internatio­nal mitzureden. Davon sind wir Lichtjahre entfernt. Friedrich Merz sollte sich das jetzt schon vornehmen.

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