Italiens SmartphoneVerbot als Vorbild
Mit dem Beginn des neuen Schuljahrs sind in Italien neue, restriktive Gesetze zur Nutzung digitaler Medien an Schulen in Kraft getreten. In den Klassenzimmern sind Smartphones ab sofort ganz verboten, Tablets und Computer dürfen unter bestimmten Umständen weiter genutzt werden. Bei den Maßnahmen handelt es sich um eine Verschärfung beziehungsweise Bekräftigung bereits bestehender Regelungen. Die Regierung Meloni gibt ihr einen weltanschaulichen Anstrich, indem sie darauf hinweist, die Maßnahmen dienten auch dazu, die „Autorität“der Lehrer wieder herzustellen. Auch in Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien gibt es entsprechende Maßnahmen, in Australien wurde von der Regierung kürzlich sogar ein SocialMedia-Verbot für Kinder unter 16 Jahren angekündigt.
Die europaweite analoge Wende in der Schule ist zu begrüßen. Smartphones sind Entweltungsmaschinen. Sie zerstören Erfahrung, sie zerstören die Notwendigkeit als positiv erfahrener Anstrengung, sie zerstören soziales Miteinander. Der gesellschaftliche Nutzen, der aus der Wiedergewöhnung an „Stift und Papier“(so formulierte es der italienische Bildungsminister Giuseppe Valditara) entsteht, dürfte noch gar nicht abzuschätzen sein. Dass Politiker in Deutschland sich nicht dazu aufraffen können, sich der drängenden Thematik anzunehmen, ist bezeichnend, aber nicht überraschend.
Kinder werden, wie mit so vielem anderen, auch mit den verheerenden Auswirkungen von Konzentrationszerstörung, Cybermobbing und TikTok-Radikalisierung allein gelassen. Sollte ein Smartphone-Verbot eines Tages auch an deutschen Schulen gelingen, darf es aber nicht dabei bleiben. Wir brauchen einen breiten gesellschaftlichen Wandel im Umgang mit smarter Technologie, bei dem natürlich zuallererst die Technologiekonzerne gefordert sind, ihre Produkte nach ethisch vertretbaren Grundsätzen zu gestalten. Aber wir – Eltern, Lehrer, Alltagsmenschen – müssen uns auch fragen, nach welchen Maßstäben wir leben wollen. Wir müssen uns fragen, wie wir zu diesen Menschen geworden sind, die einander mitunter kaum noch in die Augen sehen. Wir müssen den analogen Trend aus der Schule in die Gesellschaft tragen.
HANNAH LÜHMANN