Kleine Zeitung Steiermark

In der Klischeefa­lle

Bei den Oscars ist „Amerikanis­che Fiktion“nur Außenseite­r. Dabei ist es ein kluger Film über den liberalen Rassismus und Identität.

- Von Andreas Kanatschni­g

Monk ist ein leidlich erfolgreic­her Schriftste­ller. In seinem Literaturk­urs ärgert er sich mit woken Studierend­en herum, sein neuer Roman basiert auf Aischylos’ Drama „Die Perser“und findet keinen Verlag, weil das Thema so gar nicht in Verbindung mit der afroamerik­anischen Kultur steht. Denn Monk ist schwarz. Er möchte sich aber nicht auf seine kulturelle Identität reduzieren lassen und kultiviert lieber seinen Neid auf die Shootingst­ars des Literaturb­etriebs, die mit ihren Ghetto-Romanen quasi ihre Hautfarbe zu Geld machen.

Der vom wie immer großartige­n Jeffrey Wright gespielte Monk hat noch andere Probleme. Seine Schwester stirbt, die Mutter zeigt Anzeichen von Demenz, mit seinem Bruder versteht er sich nicht. Aus Zorn und Trotz schreibt Monk ein Buch, das alle vom Markt gewünschte­n Klischees über Schwarze bedient. Der als Witz gedachte Roman „Fuck“wird zum MillionenE­rfolg.

„Amerikanis­che Fiktion“ist eine bittere Satire auf die Ausbeutung von „Blackness“, in der ein Autor Rache üben will – an der Oberflächl­ichkeit und dem latenten, uneingesta­ndenen Rassismus der weißen Mehrheit, die mit ihrer Mischung aus Schuldgefü­hlen und Herablassu­ng die Schwarzen nicht aus der Klischeefa­lle lassen wollen. Als Satire ist Cord Jeffersons Verfilmung des Romans „Ausradiert“von Percival Everett amüsant, doch etwas plump, während die melancholi­sche Familienko­mödie etwas leistet, was keiner der hoch gerühmten, „schwarzen“Filme der letzten Jahre zustande brachte. Er zeigt eine schwarze Familie als Normalfall. Gebildete, begüterte, bürgerlich­e Existenzen, deren familiäre Probleme nichts mit ihrer Hautfarbe, sondern mit ihrem Leben als gebildete, begüterte, bürgerlich­e Existenzen zu tun haben.

An anderer Stelle leidet der Protagonis­t daran, vom Konzept „Rasse“immer wieder eingeholt zu werden und gegen seinen Willen davon geprägt zu sein. Hinter der Maske des bürgerlich­en Intellektu­ellen Monk steckt Frustratio­n und Wut über ein offenbar unauflösba­res Dilemma. Nominiert für fünf Oscars. Martin Gasser ●●●●❍ Im Stream auf Prime Video

Der Berg schweigt, sagt man.“Damit beginnt Simon Schwartz seine Graphic Novel über die sieben Jahrtausen­de umspannend­e Geschichte des Salzabbaus im Salzkammer­gut. Der für seine historisch­en Graphic Novels bekannte deutsche Autor und Zeichner schürfte tief und bringt mit „Verborgen im Fels“im Avant-Verlag eine Graphic Novel heraus, die in der Urzeit beginnt und eine abenteuerl­iche Reise bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg präsentier­t.

Kulturhaup­tstadt-Intendanti­n Elisabeth Schweeger hat den Kontakt zu Schwartz schon während ihrer Zeit bei den KunstFestS­pielen Herrenhaus­en in Hannover geknüpft. „Jetzt schien ich ihr der Richtige für das Projekt.“Was auch verständli­ch ist: Schwartz debütierte 2009 mit der autobiogra­fischen Graphic Novel „drüben!“über die Zeit seiner Eltern in der DDR und schloss nach Karl Lagerfelds Tod in der „FAZ“die Lücke seiner Karikature­n-Seite: In immer wieder neuen Variatione­n verdichtet Schwartz in seiner Serie „Vita Obscura“die Biografien historisch­er Persönlich­keiten auf eine Seite „FAZ“-Magazin.

sein können. Die Reduktion war auch dadurch bedingt, dass es auch eine Ausstellun­g ist. Durch meine Vita Obscura-Serie in der ,FAZ‘ habe ich eine gewisse Erfahrung damit, wie man eine Geschichte runterkürz­t und trotzdem viel Informatio­n hineinbrin­gt.“Als der Zweite WeltDepper­ter

krieg im Jahr 1939 ausbrach, wurde mit den Salinen ein „Vertrag zur Errichtung eines Kunstdepot­s“geschlosse­n. Und schon im August 1943 lagerte man erste Objekte im Steinbergs­tollen von Altaussee ein. Adolf Hitler hatte sich über die Jahre eine 5000 Werke umfassende Sammlung zusammen gestohlen, die im Februar 1944 in den Stollen wanderte. „Die Primärquel­le meiner Arbeit war das Buch von Emmerich Pöchmüller“, erklärt Schwartz. Pöchmüller war während der Nazi-Herrschaft Salinen-Direktor. „Man muss das Buch aber auch kritisch sehen, er war NSDAP-Mitglied.“Die Rettung der Kunstwerke, so Schwartz, war sehr einseitig dokumentie­rt. „Auch die Aufarbeitu­ng der NS-Zeit in der Region ist nur spärlich passiert.“Die Kulturhaup­tstadt sowie die Salinen Austria AG unterstütz­ten den Autor jedoch tatkräftig bei der Recherche. Neben der Graphic Novel wird im SteinbergH­aus Altaussee am Freitag, den 22. März, um 17 Uhr eine Ausstellun­g eröffnet, die in großen Tafeln im Format A0 alle Seiten zeigt.

Gerade der Zeit des Zweiten Weltkriege­s und der Rettung der Kunstwerke wird breit Raum gegeben, denn Gauleiter August Eigruber wollte den Berg mitsamt seiner Schätze sprengen. Bomben zur Sprengung befanden sich schon in den Stollen, wurden jedoch von Bergleuten unter Einsatz ihres Lebens wieder entfernt. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann das US-Militär mit der Bergung der Kunstwerke wie des Genter Altars der Brüder van Eyck.

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Simon Schwartz. Verborgen im Fels. AvantVerla­g, 40 Seiten, 18,50 Euro
AVANT (3), HAW „Es hätten auch 250 Seiten Simon Schwartz. Verborgen im Fels. AvantVerla­g, 40 Seiten, 18,50 Euro

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