Todesdrohung nach dem Fischen
Der Angeklagte kann sich nicht erinnern und ist sehr müde. Und dann fehlt auch noch ein Zeuge.
Solche Akten liebt man“, sagt Richterin Michaela Lapanje. Das kann nicht ernst gemeint sein, denn es ist etwas zäh und die Verhandlung am Landesgericht Graz steht von Anfang an auf der Kippe. Der Angeklagte (30) ist süchtig und derzeit in einem Substitutionsprogramm, die Medikamente machen ihn unkonzentriert und schläfrig.
„Wir versuchen es“, entscheidet die Richterin. Neben Suchtgiftdelikten hat der Angeklagte eine gefährliche Drohung (Strafdrohung: ein Jahr Haft) zu verantworten: Nach dem Abfischen eines Teiches kam er in Begleitung eines Freundes wieder und wurde vom Teichwirt aufgefordert zu gehen, weil das Fischen aus war.
Da fielen die Worte: „Reg dich nicht auf! Sonst gibt‘s a Wasserleich,
i hab a Messer auch da!“„Zur gefährlichen Drohung – kann ich mich nicht erinnern“, sagt er nach langem Fischen nach Erinnerung und den richtigen Worten. „Also kann ich mich nicht schuldig fühlen.“Der bedrohte Teichwirt muss auch passen: „Ich weiß nicht genau, ob er es war.“Lange blaue Haare? „Kann ich nicht sagen.“
„Das war‘s schon“, sagt die Richterin. – „Ich bin jetzt zum fünften Mal da wegen dem Schmarren“, schimpft der Zeuge. „Ich will nur meine Ruhe!“– „Ich weiß“, fühlt sie mit ihm,
„es macht mir auch großes Vergnügen, das zu verhandeln.“
Etwas mehr Klarheit bringt der Freund des Angeklagten: „Ich hab schon eine Verurteilung wegen falscher Zeugenaussage. Also: Ich war mit ihm dort, ja.“Aber war der Angeklagte im Drogenrausch? „Jo, also, i hob nix g‘merkt. Ich nehme es an. Ich weiß es nicht.“
Der Angeklagte ist jetzt richtig müde. Da trifft sich gut, dass ein Zeuge nicht erschienen ist: Vertagung.