Der blaue Skandal und seine Folgen
Jetzt spricht die Bundespolitik über den Finanzskandal in der Grazer FPÖ. An den Nebenfronten stehen Entscheidungen über Anklagen an, aber worum geht es im Kern? Ein Überblick.
Seit mehr als zwei 1 Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die ehemalige Grazer FPÖSpitze. Worum geht es?
Es geht ums Geld. Genauer: Um die Verwendung von Steuergeld durch die alte Parteispitze der Grazer FPÖ. Bei bis zu 1,8 Millionen Euro ist unklar, wofür sie wirklich ausgegeben wurden. Die Buchhaltung existiert nicht mehr, eine Vielzahl an Konten und regelmäßige Barbehebungen von bis zu 50.000 Euro machen die Sache undurchsichtig. Teile der Gelder flossen auch an FP-nahe Vereine. Für eine Partei, die in der politischen Erzählung gerne gegen „die Eliten“wettert, die sich alles im Hinterzimmer richten würden, ist das heikel.
2 der Wie lautet der Vorwurf Ermittler?
Veruntreuung, Betrug und Fördermissbrauch – das ist der Verdacht. Hauptsächlich steht die alte Spitze um den Grazer Ex-Vizebürgermeister Mario
Eustacchio im Fokus. Er war gemeinsam mit Ex-Klubchef Armin Sippel sowie dem ehemaligen Klubdirektor bei den meisten Konten zeichnungsberechtigt.
3Beschuldigten? Was sagen die
Sie bekennen sich nicht schuldig – mit einer Ausnahme: Der ehemalige Klubdirektor nimmt in einer Selbstanzeige alle Schuld auf sich und hat bei der Staatsanwaltschaft 710.000 Euro als Schadenswiedergutmachung hinterlegt.
4 Ermittler? Glauben ihm die
Nur bedingt. Der von der Staatsanwaltschaft bestellte Finanzgutachter stellt fest, dass „jedenfalls das Mitwirken einer zweiten Person“notwendig war, da „die Abhebungen vom Konto des FPÖ-Gemeinderatsklubs Graz nur mit zwei Unterschriften möglich waren“– also kein Einzeltäter. Gutachter-Fazit: „Aufgrund der vorliegenden Unterlagen muss vermutet werden, dass ein
Großteil der Mittel, die der FPÖ Graz und dem FPÖ-Gemeinderatsklub Graz zur Verfügung standen, nicht entsprechend dem im Parteiengesetz definierten Zweck, sondern für private Zwecke verwendet wurde.“
5 Wie reagieren die Beschuldigten auf das Gutachten?
Eustacchio lässt die Vorwürfe durch seinen Anwalt Helmut Schmid den Ermittlern gegenüber zurückweisen: Im Gesetz gäbe es keine enge Definition, wie die Fördermittel für Parteien
zu verwenden seien. Schmids Beispiel: Kauft man davon teuren Rotwein und trinkt ihn alleine, wäre das Veruntreuung. Trinkt man den Wein gemeinsam mit politisch interessierten Menschen, trinkt man als Politiker. Da könne man diskutieren, ob das moralisch ok sei, mit Strafrecht habe das aber nichts zu tun.
6 nur Betrifft der Skandal Graz oder zieht er weitere Kreise?
Die Ermittlungen haben sich bislang auf die Grazer FPÖ konzentriert, seit November
führt die Staatsanwaltschaft aber auch unbekannte Verantwortliche der steirischen FPÖ als Beschuldigte wegen Veruntreuung. Ex-Minister Mario Kunasek, der heuer die steirische Wahl zu schlagen hat, wird im Hauptverfahren ebenfalls als Beschuldigter geführt – aber nicht wegen Betrugs, sondern wegen Beweismittelunterdrückung. Ein Vorwurf, den er stets zurückgewiesen hat.
7 FPÖ-Chef Betrifft die Causa Herbert Kickl?
Bisher nur indirekt. Im anhebenden Nationalratswahlkampf versuchen andere Parteien, den Grazer Skandal mit Kickl zu verknüpfen. Direkt involviert war er nur, als er mit Claudia Schönbacher die kurzzeitige Grazer FPÖ-Chefin und Stadträtin aus der Partei ausgeschlossen hat. Schönbacher ist weiter Stadträtin, jetzt aber für die FPÖ-Abspaltung KFG.
8 Ermittlungen Was ergeben die zum privaten Hausbau von Kunasek?
Laut anonymer Anzeigen soll Kunasek Leistungen für seinen privaten Hausbau über die Partei abgerechnet haben. Der steirische FP-Chef hat dem stets widersprochen, den Ermittlern alles offengelegt. Der Vorhabensbericht zu der Causa liegt nun bei der Oberstaatsanwaltschaft Graz, die nun über Anklage oder Einstellung entscheidet.
9 Nebenfronten Welche weiteren gibt es?
Zwei. Einmal geht es um Gelder an den Freiheitlichen Akademikerverband und den Vorwurf, das Parteispendengesetz umgangen zu haben; beim zweiten geht es um Schwarzgeldzahlungen in bar an einen ehemaligen FPÖ-Mitarbeiter. Auch da liegen die Vorhabensberichte vor.
10. FPÖ-Verfahren Kommt es im am Ende zu Anklagen?
Das lässt sich noch nicht abschätzen. Durch das Hinzuziehen eines zweiten Staatsanwalts im Spätherbst 2023 wurden die Ermittlungen jedenfalls beschleunigt. Im Hauptverfahren wartet alles auf das ergänzende Finanzgutachten, im Vorjahr wurden weitere Konten geöffnet, die ausgewertet werden.